Die altägyptische Stätte Iunet, auch Iunet Tantarer, ist heute unter dem Namen Dendera bekannt; die griechische Bezeichnung lautete Tentyris/Tentyra. Dendera, einst die Hauptstadt des 6. oberägyptisches Gaus Iqer, liegt im modernen Verwaltungsbezirk Qina, etwa 55 Kilometer nördlich von Luxor auf der westlichen Nilseite. Der Ort ist bekannt für sein hervorragend erhaltenes Hathor-Heiligtum aus spätptolemäisch-römischer Zeit. Tatsächlich war Dendera das Hauptkultzentrum dieser Göttin, die nach altägyptischer Vorstellung mit den Bereichen Liebe, Fruchtbarkeit, Tanz und Musik assoziiert wurde, aber ebenso als „Herrin des Westens“ auch Aspekte einer Totengöttin besaß. Belege für die Verehrung Hathors finden sich bereits zur Zeit des Alten Reiches, meist wurde Sie als Tochter des Sonnengottes Re angesehen sowie als Gemahlin des Falkengottes Horus mit dem Sie die Söhne Ihi und Harsomtus zeugte. Als Muttergottheit wurde Hathor mit der Kuh verbunden und konnte als ebendiese, als Frau mit Kuhkopf, beziehungsweise lediglich mit Kuhgehörn, kombiniert mit einer Sonnenscheibe, dargestellt werden.
Die Kultstätte von Dendera
Das heilige Areal von Dendera war an den Nil angebunden, an dessen Ufer einst eine Landekiosk existierte, die ehemals von Säulen flankierte Prozessionsstraße führte an zwei kleineren Tempeln auf das Hauptkultzentrum zu. Dieses wird von einer rund 280x280m langen Ziegelmauer umgeben, die bis zu 10m breit war und teilweise noch gut erhalten ist; mutmaßlich wurde sie unter der Regentschaft Schabakas (25. Dynastie) oder erst in römischer Zeit errichtet. Der Zugang erfolgte von Norden her über ein römisches Propylontor, errichtet unter den römischen Kaisern Domitian und Trajan im 1. Jh.n.Chr.; auch heutige Besucher betreten das archäologische Gelände auf diesem Weg. Vor dem Tor standen einst mehrere kleine römische Kioske. Ein weiterer antiker Zugang bestand an der Ostseite in Form eines zusätzlichen Torbaus. Der religiöse Komplex von Dendera umfasst, neben dem Hauptheiligtum der Hathor, zwei Geburtshäuser (Mammisi), einen Isistempel, ein Sanatorium, eine Brunnenanlage sowie einen heiligen See. Einst befand sich auf dem Gelände zudem eine Ka-Kapelle des Königs Mentuhotep, die mittlerweile in das Ägyptische Museum von Kairo überführt wurde. Im 5. Jh. errichteten Kopten eine Kirche auf dem Tempelgelände.
Der Tempel der Hathor
Die Baugeschichte
Der Hathortempel von Dendera geht laut Überlieferung bis in die Zeit des Alten Reiches zurück. Archäologisch fassbare Baubefunde existieren seit der 11. Dynastie in Form der oben erwähnten Ka-Kapelle Mentuhoteps II., zudem belegen wiederverwendete Steinblöcke Bautätigkeiten bis in die 25. Dynastie hinein. Wohl 54v.Chr. unter König Ptolemaios XII. wurden sämtliche Vorgängerbauten zugunsten eines kompletten Neubaus abgerissen. Es entstand ein Tempel mit sechssäuliger Vorhalle, Krypten und Kultbereich auf dem Dach. Vor diesen bereits vollständig fertiggestellten Tempel setzten die julisch-claudischen Kaiser Roms, unter deren Herrschaft Ägypten in der Zwischenzeit gefallen war, eine quergelagerte imposante Vorhalle mit prägnanten Säulen gekrönt von Hathorkapitellen. Wohl zu Zeiten Neros wurde damit begonnen den Tempel zu ummauern, was jedoch nie fertiggestellt wurde. Mutmaßlich sollten in dieser Bauphase (ähnlich wie beim Horustempel von Edfu) ein Säulenhof sowie Pylonen entstehen, die jedoch nie ausgeführt worden. Der begonnenen Ummauerung fiel das nordwestlich des Haupttempels gelegene ptolemäische Geburtsthaus zum Opfer, an seiner statt erbauten die römischen Architekten unter Nero ein neues Mammisi nördlich der unvollständig gebliebenen Ummauerung. Als weiteres Bauelement kam das Eingangstor hinzu, errichtet während der Regentschaft Domitians und Trajans im 1. Jh.n.Chr. Erweitert wurde der heilige Bezirk im Nachhinein zudem durch ein Sanatorium, eine Brunnenanlage sowie einen heiligen See. In den folgenden Jahrhunderten stieg das Siedlungsniveau immer weiter an, so dass der Tempel sowie nahezu alle Nebengebäude fast vollständig bedeckt wurden. Der noch verbleibende niedrige Raum zwischen neuem Bodenniveau und Tempeldecke wurde als Wohnraum genutzt, die Feuer der dort Lebenden verrußten die Reliefs der Decke nahezu vollständig. Die großflächige Verschüttung des Tempelareals führte jedoch auch dazu, dass dieses heute in seiner Bausubstanz bis hin zu Resten der ursprünglichen Farbigkeit ausnehmend gut erhalten ist. 1845 wurde der Hathortempel weitestgehend freigelegt, 1859 wurden die Arbeiten fortgeführt.
Der Tempel von außen Die
Tempelfront
Da der Hathortempel von Dendera nie vollständig mit einem Eingang in Form von Pylonen fertig gestellt worden ist, wie es typisch für diese Bauform gewesen wäre, bildet die römische Vorhalle die Tempelfront, sie ist 43m breit und 17m hoch bei einer Tiefe von 26m. Die Halle ist nord-südlich auf den Nil ausgerichtet und besticht durch Säulen in Form von Sistren, einem rasselähnlichen Musikinstrument, welches unter anderem im Hathorkult verwendet wurde. Sechs derartige Säulen bilden die Fassade des Heiligtums, zwischen ihnen sind halbhohe, reliefverzierte Wände eingezogen; der Hauptzugang liegt zentral mittig, zudem befindet sich auf jeder Außenseite noch ein Nebeneingang. Die Tempelfront ist leicht trapezförmig nach unten hin verbreitert, die Seiten werden von einem Rundstab gebildet, der obere Abschluss von einer Hohlkehle bekrönt. Mittig auf dieser ist eine geflügelte Sonnenscheibe dargestellt, flankiert von bekrönten Uräusschlangen mit Schwingen und weiteren Sonnenscheiben. Zudem befindet sich die Gründungsinschrift des Tempels auf der Hohlkehle, sie ist in griechischer Sprache ausgeführt und nennt Kaiser Tiberius, für den der Tempel der Aphrodite (die römische Entsprechung Hathors) vom Präfekten und den Bewohnern der Region ausgeführt wurde, die enthaltene Datierung legt für die Fertigstellung der Grundform der Vorhalle die Jahre 32-37n.Chr. fest. Auf dem Architrav ist eine Götterprozession eingemeißelt, während die äußeren Bereiche mit mehreren horizontalen Reliefreihen verziert sind; die Interkolumnien (Zwischenmauern) weisen je ein großes Bildfeld auf und auch die Säulenschäfte sind vollständig dekoriert. Die sistrenförmigen Säulen bestehen aus dem runden Schaft auf dem das Kapitell ruht. Dieses ist vierseitig gestaltet und zeigt jeweils frontal das menschliche Gesicht der Göttin Hathor mit Kuhohren, auf Ihrem Haupt thront eine Tempelfassade. Das Zugangstor ist in typisch ptolemäisch-römischer Bauweise mit Pfosten auf beiden Seiten ausgeführt die jedoch keine horizontale Verbindung aufweisen. Die sechs Zwischenwände weisen je ein von einem Rundstab eingefasstes Bildfeld auf, darüber eine Hohlkehle mit Sonnenscheibe, den oberen Abschluss bildet ein Uräusfries. Die Reliefs der Bildfelder wurden von frühen Christen stark beschädigt (ebenso wie die Hathorgesichter der Säulen), die Darstellungen zeigen den Herrscher mit den ägyptischen Göttern, auf der einen Seite des Tores mit der Krone Unterägyptens auf der anderen mit der Oberägyptens.
Die Außenwände
Die beiden seitlichen Außenwände sowie die Rückseite des Heiligtums der Hathor sind vollflächig mit Reliefs dekoriert. Die Dekoration der Seitenwände entstand in der frühen Kaiserzeit wohl unter Nero und zeigt in mehreren übereinander angeordneten waagerechten Registern den Herrscher vor den Göttern. Die Südwand hingegen (also die Rückwand des Tempels) bildet die berühmte ptolemäische Herrscherin Kleopatra VII. gemeinsam mit ihrem Sohn Caesarion ab, dessen Vater Cäsar war. Die überlebensgroßen Figuren sind vor einer Götterprozession dargestellt; mittig auf derselben Wand ist ein riesiges (heute stark zerstörtes) Antlitz Hathors eingemeißelt worden. Bemerkenswert sind zudem die Wasserspeier der Außenwände, welche in Form von gelagerten Löwen ausgeführt wurden.
Das Innere des Tempels
Die römische Vorhalle
Das Innere der Vorhalle wird von den Sistrensäulen mit Hathorkapitell geprägt, die beidseitig des Mittelgangs zu je 3x3 Reihen angeordnet sind. Mit den sechs Säulen, welche die Front bilden, tragen insgesamt 24 Säulen das Dach der Vorhalle. Die Seitenwände sowie die Rückwand sind in mehreren waagerechten Registern mit Darstellungen aller Kaiser der julisch-claudischen Dynastie verziert, die mit den Göttern agieren. Die römischen Herrscher erscheinen im Ornat der Pharaonen und tragen die landestypischen Kronen und Attribute, lediglich durch Ihre Benennung in den Namenskartuschen wird klar, dass es sich nicht um einheimische Regenten handelt.
Bemerkenswert ist die Gestaltung der Decke der Vorhalle, diese ist mit detailreichen Darstellungen, welche zum Teil noch in ihrer ursprünglichen Farbigkeit erhalten sind, verziert. Die Decke des Mittelgangs ist mit einem Band dekoriert, das abwechselnd Geier mit ausgebreiteten Schwingen und geflügelte Sonnenscheiben zeigt, Hieroglyphenzeilen und Sterne vollenden das Dekor. Die übrigen sechs Bildfelder, die sich durch die Position der Säulen ergeben, sind vom Mittelgang aus spiegelbildlich gestaltet, drei Motive wiederholen sich also rechts wie links. Das Bildprogramm ist astronomischer Natur: Tierkreiszeichen, Personifikationen von Sternen sowie Mondphasen und Tagesstunden sind ebenso abgebildet, wie die Himmelsgöttin Nut und weitere Gestirnsgottheiten. Die Architrave selbst sind an Ihren Unterseiten gänzlich mit Inschriften versehen, ihre Außenseiten hingegen zeigen eine Götterprozession.
Die zweite Säulenhalle (Erscheinungssaal)
Nach der vorgelagerten Eingangshalle, welche in römischer Zeit errichtet wurde, liegt der eigentliche Tempel, der von den letzten ptolemäischen Herrschern erbaut wurde. Den vordersten Bereich bildet eine weitere Halle, deren Dach von sechs Säulen getragen wird; ihre Kapitelle setzen sich aus Hathorgesichtern und Pflanzenelementen zusammen. An den Außenseiten der Halle befinden sich je drei Kammern, die unterschiedlichen Zwecken dienten. Inschriften zufolge wurden sie als Schatzkammer, Labor oder Magazin genutzt, zwei Kammern bieten Durchgänge nach draußen, so dass Priester Opfer und Wasser für Rituale einfacher beschaffen konnte. Die Wände der Säulenhalle sind mit vier horizontalen Registern dekoriert, welche den Herrscher mit den lokalen Göttern zeigen, zudem findet sich eine Darstellung der Grundsteinlegung des Heiligtums: Der Regent weiht den Baugrund, bereitet diesen mit Werkzeug vor und offeriert Hathor Baumaterial. Interessant ist, dass die Namenskartuschen, welche den dargestellten Herrscher eigentlich identifizieren sollen hier (sowie auch in anderen Bereichen des Heiligtums) leer gelassen wurden. Ägyptologen vermuten, dass dies an den Thronwirren und Machtkämpfen liegen könnte, welche die letzten Jahre der Dynastie der Ptolemäer prägten. Die Bezeichnung „Erscheinungssaal“ trägt dieser Bereich, da das Kultbild der Hathor bei bestimmten Zeremonien aus Ihrem Sanktuar hierher verbracht und präsentiert wurde.
Opfersaal und Saal der Enneaden
Auf den Erscheinungssaal folgt der Opfersaal, ein schmaler Raum, wo die Weihgaben deponiert wurden; an seiner Westseite führt ein Treppenaufgang zum Dach. Kammern an den Außenseiten dienten zur Lagerung, beispielsweise von Gewürzen und Gewändern für das Kultbild. Der Opfersaal ist mit Relief dekoriert, dass erneut vierreihig angeordnet ist und den Pharao vor der Tempelherrin darstellt.
An den Opfersaal schließt sich der „Saal der Enneaden“ an, vor religiösen Feierlichkeiten wurden dort die Bildnisse anderer Götter aufgereiht, bevor sie mit dem Kultbild der Hathor in Prozessionen präsentiert wurden. Der Begriff „Enneade“ kommt vom Zahlwort „neun“ und bezieht sich in der ägyptischen Mythologie auf die Schöpfergottheiten von Heliopolis. An der Westseite des Saals der Enneaden führt ein schmaler Gang in einen offenen Hof, dessen Südende die sogenannte „wabet“ einnimmt. Es handelt sich dabei um eine kleine Kultkapelle, deren Front zwei Sistrensäulen aufweist die durch halbhohe Mauern mit den Außenwänden verbunden sind; eine Rampe führt in die wabet hinauf. Wabet finden sich in einigen ptolemäisch-römischen Heiligtümern in Ägypten, sie weisen einen klaren Bezug auf die Sonne auf. Dementsprechend ist auf der Decke der wabet von Dendera die Himmelsgöttin Nut dargestellt, welche die Sonne verschlingt und wieder gebiert. Das Kultbild der Hathor wurde in der wabet zeremoniell bekleidet und gekrönt.
Das Sanktuar und umgebende Räume
Der hintere Teil des inneren Tempes wird durch das Sanktuar geprägt, es ist dreiseitig durch Mauern abgeschlossen und an der nördlichen Frontseite mit einem dekorativen Tor versehen. In dem Sanktuar standen ehemals vier heilige Barken, neben dem Gefährt Hathors auch das des Horus, der Isis und des Harsomtus. Die Wände sind mit Reliefs verziert, die den Pharao in Interaktion mit dem Kultbild sowie beim Opfer vor der Triade von Dendera, also Hathor, Horus und Ihi, zeigen. Um das Sanktuar herum sind dreiseitig elf Kapellen angeordnet die verschiedenen Kulten geweiht waren; die zentrale Kapelle an der Rückwand war Hathor selbst vorbehalten, Kultbilder und heilige Gegenstände der Göttin befanden sich dort.
Die Krypten
Tief im Fundament unter dem Bodenniveau des Tempels befinden sich mehrere Krypten, schmale, reliefverzierte Räume (zwölf an der Zahl) und Korridore, deren Zugänge verdeckt waren. Sie dienten wohl als eine Art Schatzkammer für wertvolles Tempelinventar, überliefert ist, dass die Statue des ba Hathors, also eines Aspekts der Seele der Göttin, dort verwahrt wurde. Die Krypten von Dendera sind in ihrer Ausdehnung und Dekoration ungewöhnlich für ägyptische Tempel. Ihre detailreichen Verzierungen gehören zu den feinsten und ältesten des gesamten Tempels überhaupt. In einer der Krypten befindet sich die Abbildung eines keulenförmigen Objekts mit langgestreckter Schlange darin, weitere gleichartige Bilder sind noch an weiteren Stellen im Tempel angebracht. Sie werden in pseudowissenschaftlichen Kreisen als „Glühbirnen von Dendera“ bezeichnet und als Beweis dafür angeführt, dass die alten Ägypter bereits über Elektrizität verfügten. Tatsächlich beziehen sich die Bilder auf den bei Tagesanbruch aus dem blasenförmig dargestellten Mutterleib der Himmelsgöttin Nut hervorkommenden Gott Harsomtus in Schlangengestalt.
Das Tempeldach
Vom Opfersaal geht westlich ein Treppenhaus ab, das auf das Tempeldach führt. Dieses ist auf verschiedenen Ebenen angelegt die mit Stufen untereinander verbunden sind, am höchsten liegt der Bereich über der römischen Vorhalle. Auf dem Tempeldach wurden Riten durchgeführt, die im Zusammenhang mit dem Sonnengott Re standen; Reliefs entlang der Stufen bilden auf- und absteigendes Kultpersonal mit religiösen Gegenständen ab. In der unteren südwestlichen Ecke steht eine offene Kapelle, gebildet aus zwölf Sistrensäulen mit dem Antlitz Hathors, zwischen diesen die typischen halbhohen Mauerschranken. Zudem befinden sich zwei dem Unterweltgott Osiris geweihte Bezirke, die je drei Räume umfassen, auf dem Tempeldach. Einer dieser Räume weist als Deckendekor den bekannten Tierkreis von Dendera auf, das einzige bekannte kreisförmige Himmelsabbild altägyptischer Kunst. In Dendera ist heute lediglich ein Gipsabguss zu sehen, das Originalrelief wurde von französischen Gelehrten im 19. Jahrhundert entfernt und befindet sich heute im Louvre.
Die Nebengebäude und weitere Anlagen
Auf dem von einer Umfassungsmauer umgebenen heiligen Areal von Dendera befinden sich neben dem Haupttempel weitere religiöse Gebäude und sonstige Anlagen. Dem Besucher fällt, sobald er das Tor durchschreitet, zunächst das Mammisi (Geburtshaus) ins Auge, das nordwestlich vor dem Haupttempel liegt. Es entstand in seinen Grundzügen bereits unter Kaiser Augusts, Großteile seiner Dekoration verweisen jedoch auf den römischen Herrscher Traian (98-117n.Chr.). Mammisi dienten der Verehrung eines heiligen Kindes und feierten dessen Zeugung und Geburt, in Dendera handelt es sich hierbei um Ihi, den Sohn von Hathor und Horus. Das langrechteckige Gebäude ist dreiseitig von Säulen umgeben, die mit halbhohen Mauerschranken verbunden sind, welche mit ansprechenden Bildfeldern dekoriert sind. Die Säulenkapitelle haben pflanzliche Form, ihren oberen Abschluss bildet je eine Darstellung des zwergengestaltigen Gottes Bes, der als Hüter der Geburt und der Kinder galt. Der Zugang liegt im Osten, auf einen Vorplatz folgen Vorraum und Querhalle sowie das Sanktuar.
Südlich des römischen Mammisi befinden sich die Ruinen einer koptischen Kirsche des 5. Jhs., daneben liegen die Überreste des ptolemäischen Geburtshauses, errichtet zur Zeit der 30. Dynastie. Dieses wurde im Zuge der Errichtung der neuen Tempelumfassungsmauer durchschnitten und verlor daher seine Funktion, was zum Bau des neuen Mammisi führte. Einzigartig ist das wenig weiter südlich gelegene, aus Nilschlammziegen errichtete, Sanatorium. Dort konnten sich Kranke von Priestern behandeln lassen oder Heilbäder nehmen. Noch weiter im Süden liegt der heilige See, sein viereckiges, sehr gut erhaltenes Becken (Maße: 25x31m) ist komplett ausgemauert, von allen Ecken führen Stufen hinab; noch heute weist der See eine Verbindung zum Grundwasser auf und ist mit Palmen bewachsen.
Hinter dem Hathortempel stehen die Überreste eines Isistempels, auch Iseum (Geburtstempel der Isis) genannt. Er geht auf ptolemäisches Mauerwerk zurück, wurde jedoch erst unter Augustus ausdekoriert. Der Tempel weist eine architektonische Besonderheit auf: Der Bau an sich, sein Zugang und die Säulenhalle sind nach Osten ausgerichtet, das Sanktuar jedoch richtet sich nach Norden zum Haupttempel aus, ist also aus der eigentlichen Tempelachse gedreht.